Die Wahrheit über Fluggesellschaften: warum überbuchen Airlines?

Die meisten Airlines überbuchen ihre Flüge, um rentabel bleiben zu können. Anhand komplexer Planungs- und Analysesysteme kompensieren sie für sogenannte No-Shows und stellen eine maximale Auslastung sicher.

Die meisten Airlines überbuchen ihre Flüge, um rentabel bleiben zu können. Anhand komplexer Planungs- und Analysesysteme kompensieren sie für sogenannte No-Shows und stellen eine maximale Auslastung sicher.

Durch Jessica Freedman

Männlicher Reisender mit Blick auf die Flugtafel

Du hast es wahrscheinlich selbst schon einmal erlebt. Am Gate, kurz vor dem Boarding, kommt die Durchsage des Personals, dass dein Flug überbucht ist. Es wird nach Freiwilligen gesucht, die auf einen späteren Flug umbuchen können. Was für viele Reisende lästig ist, ist regelmäßiger Alltag in der Flugbranche.

Durch Überbuchung stellen Fluggesellschaften sicher, dass beim Abflug keine freien Plätze mehr vorhanden sind. Sie verkauft im Voraus mehr Tickets, als es Sitzplätze im Flugzeug gibt. Sinn des Ganzen ist, sicherzustellen, dass das Flugzeug beim Abheben voll ist, denn leere Sitzplätze sind eine finanzielle Belastung für Fluggesellschaften.

Reiseexpert:innen warnen, dass pro 100 verfügbaren Sitzplätzen etwa 150 Tickets verkauft werden. Die meisten Flüge sind also zweifellos überbucht. So hat British Airways zum Beispiel preisgegeben, dass in einem einzigen Jahr circa 500.000 Sitzplätze zu viel verkauft werden, so dass 24.000 Passagiere auf andere Flüge umgebucht werden mussten.

Einer der Hauptgründe, warum Airlines überbuchen, ist die maximale Gewinnausschöpfung. Indem mehr Tickets als verfügbare Sitze verkauft werden, sind die Maschinen auch dann voll, wenn es sogenannte No-Shows gibt. Denn viele Passagiere lassen ihre Tickets einfach verfallen und stornieren nicht, oder verpassen ihre Anschlussflüge aufgrund von Verspätungen.

Das Geschäftsmodell der Luftfahrtindustrie: Überbuchung

Das Ziel der Airlines ist eine maximale Gewinnausschöpfung und eine Minimierung der Kosten. Wenn man die durch einen Flug generierten Einnahmen betrachtet, und wie sich diese bei unterschiedlichen Überbuchungsgraden ändern, dann hängt der maximale Profit von unterschiedlichen Variablen ab. Dazu gehören die Anzahl der Sitzplätze, der Preis pro Sitzplatz, die Wahrscheinlichkeit, dass die Sitzplätze verkauft werden und dass ein:e Kund:in nicht erscheint, Rückerstattungen für No-Shows und überbüchte Plätze.

Mathematische Berechnungen zeigen, selbst wenn die Kosten für überbuchte Plätze sehr hoch sind, macht es weiterhin finanziellen Sinn für Fluglinien, Plätze zu überbuchen. Dies beinhaltet allerdings keine Risiken wie Public Relations bei High-Profile-Beispielen oder sinkender Nachfrage nach Flügen aufgrund von Überbuchungsproblemen.

Die negativen Auswirkungen auf den Ruf einer Fluggesellschaft

So musste die amerikanische Fluggesellschaft United Airlines zum Beispiel im April 2017 140 Millionen US-Dollar Entschädigung an einen Arzt aus Kentucky zahlen, nachdem dieser gewaltsam von einem überbuchten Flug gezerrt wurde und sein Bewusstsein verlor, als er zufällig auswählt worden war, seinen Sitzplatz aufzugeben, sich aber weigerte, weil er am nächsten Tag wichtige Termine mit seinen Patient:innen wahrnehmen wollte. Die Videoaufzeichnung des Vorfalls ging viral und hatte eine anhaltende Auswirkung auf den Ruf der Airline.

Hohe Fixkosten und niedrige Gewinnmargen

Viele Fluggesellschaften haben Schwierigkeiten, profitabel zu bleiben, da die Fixkosten hoch sind, Passagiere sich meistens für die günstigsten Tickets entscheiden, und auch saisonale Faktoren Einfluss auf die Gewinnausschöpfung haben. Wenn auf einem Flug nur die Hälfte der Sitze belegt ist, erwirtschaftet die Fluggesellschaft nicht so viel Umsatz, wie mit einer vollen Maschine. Dahier ist der Auslastungsfaktor einer Airline ein guter Indikator für Profitabilität. Hierbei wird der Prozentsatz der verfügbaren Sitzplatzkapazität gemessen, die mit Passagieren gefüllt ist.

Ein hoher Auslastungsfaktor weist darauf hin, dass eine Fluggesellschaft über volle Flugzeuge verfügt und die meisten Sitze von Passagieren belegt sind. Für Fluggesellschaften sind mit jedem Flug hohe Fixkosten verbunden. Jeder Flug muss über eine vollständige Flugbesatzung und Hilfspersonal, ein gut gewartetes Flugzeug mit ausreichend Treibstoff und Dienstleistungen verfügen, mit denen die Kund:innen unterhalten werden können.

Abmilderung der Auswirkungen von No-Show-Passagieren

Rein statistisch gesehen, müssen 0,09 % aller Flugpassagiere wegen Überbuchung umgebucht werden. Daher hält die Branche daran fest, dass Airlines die Möglichkeit haben sollten, diese lang etablierten Überbuchungspraktiken fortzusetzen. So bestätigt die International Air Transport Association, dass Plätze auf Flügen ein zeitkritisches, verderbliches Produkt sind, und einige Passagiere mit flexiblen Tickets ihre Reservierungen nicht stornieren, oder Gäste zu spät stornieren, was zu No-Shows führt. 

Fluggesellschaften setzen ausgefeilte Revenue-Management-Systeme ein, die den historischen Prozentsatz von No-Shows auf bestimmten Strecken analysieren. So können Flüge mit einer gewissen Sicherheit überbucht werden.

Operative Herausforderungen

Fluglinien sind mit einer Reihe von operativen Herausforderungen konfrontiert und nutzen komplexe Flugplanungs- und Zeitplansysteme. Außerdem sind sie hinsichtlich der Größe und Kapazität der Maschinen beschränkt und müssen daher operative Kontingenz mit einplanen. So muss die Auslastung auf Rentabilität ausgerichtet werden, um die Kapazität optimal ausnutzen zu können. Mathematische und betriebswirtschaftliche Berechnungen zeigen, dass Unterbuchung auf jeden Fall vermieden werden muss, um Umsatzverluste zu meiden.

Flug umgebucht, Geld zurück – So sind Passagiere von Umbuchungen betroffen

Wenn die Statistiken und Algorithmen doch einmal falsch liegen, haben Fluggesellschaften mehrere Möglichkeiten, mit Überbuchungen umzugehen.

Zunächst werden sie Freiwillige aufrufen, auf einen späteren Flug zu wechseln. Diese Freiwilligen müssen gemäß EU-Vorschriften Entschädigung erhalten, wenn ihnen die Beförderung verweigert wird. Für Passagiere, die in die und aus den Vereinigten Staaten fliegen, gelten auch die Vorschriften des US-Verkehrsministeriums hinsichtlich überbuchter Flüge. Oft werden auch weitere Anreize wie Upgrades in die Business und First Class angeboten.

Wenn sich niemand freiwillig meldet, werden Personen von der Airline ausgewählt, die automatisch auf den nächsten Flug umgebucht werden. Oft sind das Passagiere, die zu niedrigeren Tarifen gebucht haben, oder die relativ spät für den Flug eingecheckt haben. Business oder First Class Passagiere sind eher weniger von dieser Regelung betroffen. Auf eine Frequent Flyer-Nummer könnte hier von Nutzen sein.

Was tun, wenn dir unfreiwillig die Mitnahme verweigert wird

Wenn ein Flug überbucht ist, und sich niemand freiwillig bereit erklärt, auf einen späteren Flug umzubuchen, kann die Airline Passagiere auswählen, die unfreiwillig auf einen anderen Flug wechseln müssen. In diesem Fall hast du ein Recht auf Entschädigung, je nach Flugdistanz, die du bis zu sechs Jahre nach dem Vorfall einfordern kannst. Manche Fluglinien bieten dir auch Gutscheine und Hotelzimmer an, aber rein rechtlich sind sie eigentlich dazu verpflichtet, dir eine monetäre Entschädigung anzubieten. Hier findest du die 10 besten Tipps bei einer Flugverspätung auf Geschäftsreise.

KENNE DEINE RECHTE

Innerhalb der EU beträgt die Entschädigung für Flugstrecken von bis zu 1500 km €250 und €400 für Inlandsflüge mit mehr als 1500km und andere Flüge zwischen 1500 und 3000 km. Alle Flüge, die nicht in diese zwei Kategorien passen, erhalten eine Entschädigung von €600.


Wenn du in den USA unfreiwillig auf einen späteren Flug umbuchen musst, der dich innerhalb einer Stunde nach deiner ursprünglich geplanten Ankunftszeit an dein endgültiges Ziel bringt, dann hast du keinen Anspruch auf Entschädigung. Bei zwei Stunden Verspätung muss die Fluggesellschaft dir mindestens einen Betrag in Höhe von 200 % des Einzelflugpreises zu deinem Endziel an diesem Tag oder $775 zahlen, je nachdem, welcher Betrag niedriger ist. Bei mehr als zwei Stunden (oder international vier Stunden) beträgt diese Entschädigung 400 % des Einzelflugpreises oder $1.550, je nachdem, welcher Betrag niedriger ist. Hier findest du weitere Tipps für Geschäftsreisen in die USA.

Wenn in den USA mehr Passagiere einen Flug buchen, als Plätze zur Verfügung stehen, müssen die Fluggesellschaften die Passagiere zunächst auffordern, freiwillig auf ihre Plätze zu verzichten und eine Entschädigung zahlen, bevor sie jemanden unfreiwillig auf einen späteren Flug umbuchen. Die Fluggesellschaften können den Fluggästen Anreize wie Geld oder Gutscheine für eine freiwillige Umbuchung anbieten.

Sicherheitsüberlegungen

Bei Flügen müssen die Airlines bei der Planung und Kapazitätsberechnung auf verschiedene Faktoren achten, so zum Beispiel auf Störungen und unregelmäßige Abläufe, die Wetterbedingungen und Luftraumüberlastung am Abflug- und Zielort. Auch betriebliche Unsicherheiten, die Verfügbarkeit der Besatzung und zeitliche Einschränkungen können sich auf den Betrieb auswirken. Stornierungen sollten, so gut es geht, verhindert/ reduziert werden, um eine akkurate Vorausplanung hinsichtlich von Überbuchungen zu erzielen.

Wie Fluggesellschaften das Passagiererlebnis verbessern können

Die hier aufgeführten Beispiele, sowie zahlreiche Vorfälle, die bereits ausgiebig in den Medien diskutiert wurden, zeigen, dass es bei der Überbuchung von Flügen vor allem auf Kommunikation und Transparenz ankommt. Die Überbuchungsrichtlinien der Fluglinien müssen klar einsehbar sein, und Passagiere sollten so früh wie möglich informiert werden und auch von den Airlines in dem Fall unterstützt werden.

Technologische Fortschritte ermöglichen mittlerweile eine akkurate Belegplanung and Datenanalyse, so dass die tatsächliche Sitzplatzkapazität von Flügen oft relativ akkurat vorhergesagt werden kann. Weitere Entwicklungen in diesem Bereich sollten helfen, die derzeitige Situation zu entspannen. Dazu braucht es effiziente Reservierungssysteme und Algorithmen. Außerdem müssen Passagiere in Echtzeit zurückverfolgt und umgebucht werden, um eine akkurate Planung zu unterstützen.

Hier findest du die 10 besten Tipps für Geschäftsreisen mit dem Flugzeug.

Warum überbuchen Airlines – die Hauptgründe

Die Hauptgründe, warum Airlines überbuchen, ist die Maximierung der Gewinnausschüttung. Indem Flüge überbucht werden, kompensieren die Airlines für sogenannte No-Shows oder Last-Minute-Stornierungen. Hierbei handelt es sich um ein komplexes Analysesystem, welches auf denie historischen Flugdaten von Passagieren auf den jeweiligen Strecken basiert.

Allerdings sollten Airlines die eigene Rentabilität nicht über alles stellen, wie verschiedene Beispiele bereits gezeigt haben. Es muss ein Gleichgewicht zwischen Rentabilität und Zufriedenheit der Kund:innen gefunden werden, um den Ruf der Airlines zu bewahren.

Wir empfehlen die Zusammenarbeit und Buchung über eine Reiseplattform wie GetGoing, die unterstützend zur Seite stehen, wenn du fachmännische Beratung und Unterstützung benötigst.

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